Unternehmen - Wie sieht die Arbeitswelt von morgen aus?

Katja Wildfeuer
von Katja Wildfeuer

Die alten Regeln in den Unternehmen scheinen nicht mehr zu greifen: 

  • Hierarchien stoßen an ihre Grenzen, 
  • Konflikte und Überforderung nehmen zu, 
  • die Kranken- und Burnoutzahlen sind so hoch, wie nie zuvor,
  • die neuen Generationen bringen neue Erwartungen hervor, 
  • die Babyboomer gehen in Rente, und der 
  • Fachkräftemangel sorgt für Unruhe und irgendwie

scheinen die bisherigen Managementtools, Herangehensweisen, Regeln, Gesundheitsprogramme nicht mehr zu funktionieren.

Doch genau hier liegt die Chance für Unternehmen, sich neu auszurichten und eine gesunde, zukunftsfähige Arbeitskultur zu schaffen.

Wir befinden uns in einer Zeit des Übergangs – von starren Strukturen zu fluiden Netzwerken, von Kontrolle zu Sinn und Eigenverantwortung. Unternehmen, die diesen Wandel annehmen, können nicht nur erfolgreicher, sondern auch menschlicher werden.

"Ach könnte es doch wieder so sein wie früher!" 

Da war die Welt noch in Ordnung. Viele Unternehmer (es dürfen sich alle angesprochen fühlen, es ist nur ein Thema des Lese- und Schreibflusses) wünschen sich möglicherweise die "alte" Welt zurück:

  • Als Unternehmer hast du mit deinem Führungsteam von Oben nach Unten das Unternehmen geleitet. 
  • Du hast definiert, wie die Ziele sind, welches Wachstum mindestens erreicht werden muss und welche Strategien verfolgt werden sollen. 
  • Du hast die relevanten Informationen über die Hierarchieleitern nach unten weitergeleitet. Der Rest ging niemanden etwas an. Alles war ganz einfach.
  • Du konntest dir die Bewerber aussuchen und hattest genug Nachwuchs. 
  • Die Mitarbeiter waren froh, einen "sicheren" Job zu haben und hatten die Aufgaben zu erledigen, die ihnen per Führen (mit Zielen) zugeteilt wurden. 
  • Jeder war ersetzbar, weil enge Prozeses einfach von Jedem wiederholt werden konnten. 

Nichts schien dieses Modell stoppen zu können. 

Aber irgendwie scheinen die alten Regeln seit einiger Zeit nicht mehr zu stimmen. 

Immer mehr Unternehmen zeigen zunehmend Symptome:

  • Unzufriedenheit & Konflikte
  • Begrifflichkeiten, wie "toxische Arbeitsumgebung, toxische Führungskräfte, etc."
  • steigende Kranken- und Burnoutzahlen
  • zunehmende Fluktuation

Die bisherigen Gesundheits- und Präventionsprogramme, aber auch Führungstools scheinen keine Lösung mehr zu sein. Motivationstrainings, Vertriebscoachings, Mitarbeiterumfragen, Selbstmanagementkurse etc. konnten diese Entwicklung bislang nicht stoppen. 

Dazu kommt, dass Unternehmen keine Mitarbeiter mehr finden und die Babyboomer den Arbeitsmarkt unwiederbringlich verlassen. Die neuen Generationen stellen die Unternehmen vor weitere Herausforderungen, weil sie mit ihrem "anderen" Denken und Handeln viele Fragezeichen aufwerfen und teilweise für Unverständnis und Machtlosigkeit sorgen. 

Irgendetwas hat sich verändert. Es ist für viele Geschäftsführer, Unternehmer und ihre Führungskräfte vielleicht noch nicht einmal greifbar und trotzdem ...

  • Was passiert gerade? 
  • Warum scheint sich ein unkontrollierbares Chaos in Unternehmen auszubreiten?
  • Warum will es keiner wahrhaben?
  • Was können Sie als GeschäftsführerIn / UnternehmerIn tun?

In diesem Artikel möchte ich diesen Fragen einmal nachgehen und die Dynmiken beleuchten, die zu diesem scheinbaren Chaos führen.


Unternehmen bloss keine Kontrolle verlieren


Was passiert gerade?

Die ca. 6.000 Jahre alte Ära der bisherigen Organisationsstrukturen von Unternehmen und Organisationen findet gerade ein Ende (Woher kommen die heutigen Strukturen?). In der Astrologie spricht man vom "Wassermann-Zeitalter". In der modernen Welt von "Komplexität und Technologie-Zeitalter". 

Wenn man sich mit der menschlichen Evolution beschäftigt, kann man feststellen, dass die Entwicklungsstufen in den letzten Jahren sich auf wenige Jahre zusammengestaucht haben und immer schneller neue Stufen hinzukommen.

 Es geht so schnell wie nie zuvor, dass wir von einem Fortschritt zum nächsten Fortschritt kommen. Das gilt nicht nur für technologische Errungenschaften, sondern auch in Bezug auf unsere Denkweisen und Bewusstseinsentwicklung. 

Du wirst mir wohl nicht widersprechen, dass die Denkweisen und das Bewusstsein der Menschen zur Zeit der Industrialisierung oder sogar im Mittelalter weit von unseren Denkweisen und Bewusstseinsfähigkeiten entfernt lagen. 

Auch wenn viele Menschen und vor allem Geschäftsführer und Unternehmer sich dieses Wandels nicht bewusst sind oder versuchen, am Alten festzuhalten, hat dieser unausweichlich begonnen. Nur wer frühzeitig sich diesem offen stellt, wird die Hürden besser bewältigen können. 

Sehr deutlich wird dieser Wandel, wenn wir uns die unterschiedlichen Generationen ansehen (Generationen im Wandel). Viele versuchen mit bisherigen Erklärmustern diese Unterschiede zu ignorieren oder sie in das bisherige Bild einzupassen. 

Die jungen Generationen werden dann als faul, desorientiert und vieles mehr bezeichnet. Nur sie sind es nicht. In allen Generationen gibt es Menschen, die aus welchen Gründen auch immer sich aus dem "Normleben" herausgezogen haben und auf Kosten von anderen leben.

Der Generations"konflikt" ist aber nur ein Teil des neuen Systems. 

Im Laufe der Jahrhunderte und vor allem im letzten Jahrhundert hat sich eine Gesellschaft entwickelt, die von enormen Fortschritt begleitet wurde. Der Wandel war so rasant wie in keiner Zeitperiode zuvor. Die Komplexität nimmt rasant zu. 

Unsere Jugend wächst in einer Zeit auf, wo in Echtzeit, egal von wo auf dieser Welt, kommuniziert werden kann. Informationen verbreiten sich in Echtzeit und stehen überall und ständig zur Verfügung. Ich erinnere mich noch, dass ich Due Diligence Reporte (Unternehmensbewertungen) über hunderte von Seiten per FAX an unsere Mandanten versandt habe! Heute geht das mit einem Klick.

Neben den jungen Generationen, der Komplexität und der rasanten technologischen Entwicklung erreichen wir Menschen neue Bewusstseinsstufen. Diese sind notwendig, um die Komplexität und die Schnelligkeit begreifen und leben zu können. 

Allerdings entwickeln sich nicht alle Menschen gleich schnell. Das führt zu Spannungen.

Du siehst also, dass die Veränderungen auf vielen Ebenen stattfinden. Ansonsten wären wir nicht in der Lage, die Zukunft zu bestreiten. Daher einige durchaus provokative Fragen an dich:

  • Bist du wirklich der Meinung, dass alles sich verändert und nur die Unternehmen da weitermachen können, wo sie sind?
  • Glaubst du, es reicht, wenn ein Unternehmer nur ein paar Digitalisierungsmaßnahmen vornimmt, ein paar agile Methoden anwendet und alles andere so bleiben kann und vor allem muss?
  • Glaubst du, dass die Menschen, die mittlerweile überall selbst Informationen recherchieren können (dieser Prozess wird gerade durch KI noch einmal mit Speed versehen), sich noch so leicht lenken lassen, wie diejenigen, denen nur gefilterte und unzureichende Informationen zur Verfügung standen?
  • Glaubst du, dass die jungen Generationen mit den alten Strukturen, in denen sie nicht groß geworden sind, überhaupt etwas anfangen können? 
  • Hängst du wirklich so sehr an diesen alten Strukturen, dass du sie nicht loslassen willst? Und wenn ja, warum?
  • Und an die jüngeren Unternehmer gerichtet: Übernimmst du alte Strukturen, weil es "alle" so gemacht haben und sich dir noch keine neuen Ansätze gezeigt haben?

Viele unserer gesellschaftlichen Normen (Schulsystem, Ausbildungssystem, Karriere, Erfolg, "Müssen-müssen") verlieren ihren bisherigen Wert und werden in Zukunft in dieser Form nicht mehr existieren. Wer das nicht erkennen möchte, wird den Anschluss verpassen. 

Wir haben gerade eine Zeit, die noch nie zuvor von einer so ungeheuren Schnelligkeit durchdrungen war. Die zunehmende Komplexität ist nicht mehr mit alten Managementtools, Denkweisen und Führungsansätzen zu bewältigen. 

Auch die Kaschierungsversuche der Unternehmen, die auf alten Strukturen vermeintlich neue Ansätze aufsetzen, werden keine nachhaltige Veränderung bringen. Von Zukunftsfähigkeit ganz zu schweigen.

Das Chaos beginnt

Chaos beginnt immer dann, wenn jemand (z.B. ein Unternehmer, ein einzelner Mensch), ein Unternehmen oder eine Gruppe versucht, an etwas festzuhalten, was nicht mehr festzuhalten ist. 

Meine eigene Erfahrung

2011 erkrankte ich an einem Burnout. Ich hatte nicht gemerkt:

  • dass sich mein Umfeld und die Bedingungen um mich herum langsam geändert hatten,
  • dass ich mich aus einem "alten" Lebensabschnitt herausentwickelt hatte,
  • dass sich eine Veränderung anbahnt, die ich in meiner Komfortzone weder sehen noch durchmachen wollte,
  • dass ich mich so sehr an Normen angepasst hatte, dass ich mich selbst dabei völlig verloren hatte, 
  • dass ich mit limitierenden und vor allem blockierenden Glaubenssätzen (die nicht mal alle meine waren, oder meiner Prägung entsprungen waren) unbewusst mein Leben sabotierte, und
  • dass alle Versuche, die ich unternahm, den alten Zustand wieder herzustellen, nicht mehr funktionierten.

Das nennt sich auch Veränderungskrise. 

Viele Unternehmer würden zwar nicht den Begriff "Burnout" in diesem Zusammenhang für ihr Unternehmen wählen, aber es ist genau das. Die Symptome, die sich in den Unternehmen zeigen, zeigen an, dass sie alle schon längst in einer Veränderungskrise angekommen sind. 

Ein Merkmal, dass ich selbst auch kennengelernt habe, ist, dass es als "normal" betrachtet wird. Es funktioniert doch noch alles! Und solange es nocht "funktioniert", besteht für viele Unternehmer kein Handlungsbedarf. Für mich damals auch nicht. 

Aber eines durfte ich schmerzvoll lernen - der Zusammenbruch kam unweigerlich!

Die Angst, die Kontrolle zu verlieren

Auch ich hatte diese Angst. Doch je mehr ich versuchte, an dem "Alten", Bekannten festzuhalten, desto mehr Widerstand erlebte ich in mir selbst. Bei mir kamen diese damals in Form von Panik zum Vorschein. Das scheint interessanterweise auch in den Führungsetagen aufzutauchen. Denn ich habe jetzt schon mehrfach Aussagen gehört wie:

  • Wir müssen jetzt darauf achten, dass die Mitarbeiter auf Spur bleiben und sich an die Vorgaben halten.
  • Jemand muss in der Abteilung X endlich wieder für Ordnung sorgen. Irgendwie funktionieren die nicht mehr, wie sie sollen. 
  • Ein bisschen Spielraum ist ja okay, aber nur im gewünschten Rahmen. 

Offensichtlich passiert etwas in den Unternehmen, was Angst bereitet.  

Nämlich die Angst, die Kontrolle zu verlieren. Wahrscheinlich hast auch du alle vorhandenen und bekannten Managementtools eingeführt, Berater engagiert und trotzdem läuft etwas ab, was außerhalb deiner Kontrolle zu liegen scheint. 

Das Paradoxon ist, dass du, je mehr du versuchst, die Kontrolle zu behalten, umso mehr die Kontrolle verlieren wirst. Druck erzeugt immer Gegendruck. 

Warum will es keiner wahrhaben?

Wir alle wissen, wie schwer es für uns ist, Veränderung zu akzeptieren. Dabei verändert sich das Leben jeden Tag. Keiner ist wie der vorherige. Und trotzdem fällt es uns Menschen schwer, aus unserer Komfortzone zu treten und offen zu sein, für Dinge, die vielleicht nicht unserem Denken, unserer Wahrnehmung auf den ersten Blick zugänglich sind. 

Um Veränderung nach vorne zu bringen, bedarf es Menschen mit der Offenheit, sich anderen Denkweisen aufgeschlossen gegenüber zu zeigen. Dazu bedarf es u.a. Persönlichkeitsentwicklung, der Fähigkeit, wirklich Eigenverantwortung zu übernehmen und auch Dinge in Betracht zu ziehen, die auf den ersten Blick keinen Sinn machen oder nicht greifbar sind. 

Das Problem ist, wir haben nicht gelernt, Eigenverantwortung wirklich zu leben und auszuüben. Tendenziell haben Menschen aber die Fähigkeit und die Intelligenz ihre Blockaden zu lösen und sich weiterzuentwickeln. 

In den Unternehmen wird diese Eigenverantwortung bislang größtteils unterdrückt, weil nur wenige Auserwählte (die Führungsriege) dafür zuständig sind, die Richtung vorzugeben. 

Hier kommen einige Faktoren (von Mensch zu Mensch unterschiedlich ausgeprägt) dazu, warum diese ungern, bis gar nicht die anstehenden Veränderungen gutheißen mögen:

  • eigene Interessen, die gefährdet sein könnten (Status, Gehaltshöhe, Benefits, Privilegien, etc.)
  • Gier (mehr Macht, Aufstieg, Geld, Status, etc.)
  • Standesdünkel (ich stehe über den anderen, ich bin mehr wert, ich habe es verdient, etc.)
  • eigene Denkweise (andere brauchen jemanden, der ihnen sagt, wo es lang geht, andere müssen kontrolliert werden, andere sind faul, andere können nichts, andere sollten dankbar sein, etc.)

Wer glaubt, dass er etwas zu verlieren hat, wird verbissen darum kämpfen, es zu behalten. Auch mit dem Risiko, alles zu verlieren!

Eine weitere Schwierigkeit ist, dass wir gerne in Form von Schuldzuweisungen denken. Wenn ich eingestehe, dass mein Unternehmen innere Konflikte hat, die Kranken- und Burnoutzahlen hoch sind und mir die Mitarbeiter weglaufen und noch schlimmer, ich erst gar keine neuen Mitarbeiter finde, was sollen denn dann die anderen denken! Ich kann doch nicht mehr in den Spiegel schauen. Ich habe dann versagt. 

Oder aber die Ignoranz: Es geht mich doch nichts an, was meine Mitarbeiter für Probleme haben. Das sollen die mal unter sich lösen. Hauptsache sie machen ihren Job. 


Was können Sie als GeschäftsführerIn / UnternehmerIn tun?

Zunächst sollten Sie Ihre eigenen Denkweisen überprüfen. 

  • Wie sind Sie gegenüber Veränderung eingestellt? 
  • Warum, denken Sie so, wie Sie denken? 
  • Welche Ängste spielen hier eine Rolle? 
  • Welche Glaubenssätze könnten dahinterstehen? 
  • Wo steht Ihr Unternehmen gerade? 

Dann ist es ebenfalls wichtig, herauszufinden, welche Denkweisen in Ihrem Unternehmen vorherrschen. Haben Sie bereits "Neudenker" in Ihren Reihen und werden diese gehört oder ausgebremst? Welche Interessensgruppen gibt es? Wie schätzen Sie die Veränderungsbereitschaft und die Offenheit Ihrer Belegschaft ein? 

Es sind sicherlich Themen, die bislang keine große Rolle gespielt haben und trotzdem für die Zukunft so wichtig sind. Warten Sie nicht, wie wir Menschen dazu neigen, bis es zu spät ist. Beginnen Sie jetzt mit der Bestandsaufnahme. 

Zusammenfassung

In diesem Artikel haben wir uns angeschaut, warum es derzeit zu einem scheinbar unkontrollierten Chaos in den Unternehmen kommt. 

  • Generationswechsel
  • Komplexitätszunahme
  • rasanter technologischer Fortschritt
  • Evolutionssprung der Menschheit (neue Bewusstseinsstufen)

führen dazu, dass sich das alte Machtdenken, dass Loyalität und Treue verlangt hat, auflöst. Die Top Down Strukturen zerfallen. Fluide Netzwerkstrukturen entstehen. Führungskräfte in ihrem bisherigen Verständnis werden langfristig obsolet. Alte Hierarchieformen und Unternehmensstrukturen haben ausgedient. 

Allerdings ist das in vielen Unternehmen noch nicht angekommen. Sie versuchen, aus Angst vor Kontrollverlust und damit einhergehend der Angst vor Verlust ihrer "Ansprüche" das Alte, komme was wolle, festzuhalten. Leider auf Kosten des Unternehmens und seiner Zukunft. 

Wir Menschen neigen dazu, erst zu handeln, wenn es fast zu spät ist. 

Dabei ist diese Entwicklung kein Sprung, der "mal eben" vollzogen werden kann. Es bedarf der Offenheit, der Veränderungsbereitschaft, der Fähigkeit das "Neue" denken und vor allem vermitteln zu können. 

Es braucht Menschen, die diesen Wandel begleiten können und auch wissen, wie sie das tun können. Dabei gibt es bereits viele Menschen, die dazu geboren worden sind oder sich im Bewusstsein soweit entwickelt haben (beide Gruppen sind von Nöten, um diesen Wandel zu bewältigen). 

Allerdings sind viele noch orientierungslos und scheitern an den bisherigen Strukturen der Unternehmen. Sie wissen nicht, wie Sie den innerlich gefühlt notwendigen Wandel einleiten sollen, da sie die vorherigen Denkweisen nicht verstehen. 

Hier bedarf es derjenigen, die diese Denkweisen selbst durchlebt haben und alle Denkweisen korrekt ansprechen können. 

Wenn wir zukünftsfähig die Komplexität bewältigen wollen, müssen wir handeln und nicht erst morgen. 


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