Toxische Menschen im Job: Warum wir sie falsch verstehen – und was wir wirklich lernen können

Katja Wildfeuer
von Katja Wildfeuer

Wer hat nicht bereits den Begriff "toxische Menschen", vielleicht auch in der Form "toxische Führungskräfte" oder "toxische Kollegen" gelesen? Aber das:

"Toxische Kollegen kündigen ist immer richtig, egal wie gut sie sind!"

Was wäre, wenn es eine wichtige und logische Erklärung gäbe? Was wäre, wenn wir einfach mal eine andere Betrachtungsweise zulassen würden. In diesem Beitrag möchte ich aufzeigen, wie schnell wir uns mit einer solchen Aussage irren können. Überlegen Sie immer: Wollen Sie so betitelt werden? Wenn nein, dann erfahren Sie hier, was dahinterstecken könnte und wie Sie damit umgehen können. 

toxische Menschen 1

Als ich den folgenden Beitrag las, ging bei mir eine Alarmglocke an: 

"Toxische Kollegen kündigen ist immer richtig, egal wie gut sie sind!

Es gab diese eine Person bei dir im Team, die wirklich gut performt hat.

  • Die aber immer aneckt.
  • Andere klein macht.
  • Sich nicht unterordnen kann.
  • Kein Teamplayer ist.
  • Keine Autorität verträgt.
  • Sich selbst nur der nächste ist.

Ich kenne mittlerweile zahlreiche solcher Fälle und meine feste Überzeugung ist, dass Chefs gut beraten sind, diese Personen zu kündigen.

Danach blüht meist das ganze Team auf.

Und meist bewahrheitet sich, dass niemand unersetzbar ist."

Meine Kritik an der Nutzung des Begriffs "toxische Menschen"

1. Überstrapazierung des Begriffs

Zunächst einmal wird dieser Begriff mittlerweile ohne wirklich nachzudenken wild und unbedacht durch die Gegend geworfen. Es scheint schick zu sein und viele stimmen einfach zu. Der oben erwähnte Artikel bekam sehr viel Zuspruch. 

Menschen mit einem anderen Verhalten pauschal als "giftig" abzustempeln, ohne die zugrunde liegenden Ursachen oder Kontexte zu berücksichtigen, ist meines Erachtens fahrlässig, stigmatisierend und wenn wir schon bei diesem Begriff sein wollen, ebenfalls "toxisch". 

2. Unzureichende Definition und Zuordnung

Toxisches Verhalten wird in der Psychologie oft als schädliches oder destruktives Verhalten beschrieben, das das Wohlbefinden anderer beeinträchtigt. Dies kann Manipulation, emotionale Erpressung, Schuldzuweisungen oder Dominanzverhalten umfassen. Ganz ehrlich - dieses Verhalten zeigen wir alle mehr oder weniger! Bei einigen kann es so stark auftreten, dass man es dann vermutlich als krankhafte Persönlichkeitsstörung einstufen würde. Das fällt dann in einen komplett anderen Bereich. 

Studien zeigen, dass bestimmte Persönlichkeitsmerkmale wie Narzissmus (hat jeder Mensch in unterschiedlicher Ausprägung), geringes Selbstwertgefühl (hat ein Großteil auch) oder Borderline-Persönlichkeitsstörungen (ist eine Krankheit und nicht perse toxisch) mit toxischem Verhalten in Verbindung gebracht werden können. Daher muss man hier gewaltig aufpassen, wovon wir hier reden!

3. Die Auswirkungen auf Menschen

a) Stigmatisierung und Traumatisierung

Die Etikettierung von Menschen als "toxisch" kann stigmatisierend wirken. 

Fühlen Sie sich doch einmal in die zwei folgenden Aussagen rein:

  1. "Sie sind toxisch für andere Menschen."
  2. "Sie haben sich gerade toxisch verhalten."

Was fällt Ihnen auf? 

Nummer 1 ist eine feste Zuschreibung, die Ihnen einen fürchterlichen Glaubenssatz aufdrückt - einen Stempel. Den wegzubekommen, wird eine Mammutsaufgabe und kann sich auch als Trauma manifestieren. Lange genug eingeredet, hat das für einen Menschen grausame Folgen.

Nummer zwei ist eine Beschreibung Ihres aktuellen Verhaltens. Das heißt, Sie können es reflektieren und entsprechend ändern, wenn es sich für Sie richtig anfühlt. Es kann nämlich sein, dass Ihr "toxisches" Verhalten dies nur aus der Perspektive eines anderen Menschen "ist". Möglicherweise ist es nämlich ein gesunder Ausdruck Ihrer Persönlichkeit, Ihres Wertesystems und Ihrer Denkweisen, die Ihr Gegenüber eben nicht teilt. 

Achten Sie einmal darauf, wie häufig Sie anderen Menschen, vielleicht sogar Ihren Kindern sagen, dass sie etwas "sind".

Menschen sind keine statischen Wesen, die dauerhaft "toxisch" (oder andere Zuweisungen) sind. Verhalten ist oft situationsabhängig und kann sich im Laufe der Zeit ändern. 

b) Entmenschlichung

Indem man jemanden als "toxisch" bezeichnet, wird die Person auf eine einzige Eigenschaft reduziert. Das kann dazu führen, dass man die Person nicht mehr als ganzheitliches Individuum mit eigenen Herausforderungen, Erfahrungen und Bedürfnissen sieht. Das ist problematisch, weil es die Möglichkeit für Verständnis und Entwicklung blockiert.

Sie nehmen diesen Menschen die Möglichkeit dazu. Warum sollte diese Person etwas ändern, wenn sie ja ohnehin nur so gesehen wird? Wie würden Sie Ihr Verhalten gegenüber dieser Person bezeichnen? Wäre das nicht ebenfalls "toxisch", weil Sie dieser Person ebenfalls massiven Schaden zufügen?

"Toxisch" im Arbeitskontext

Schauen wir uns mal die oben im Beitrag genannten Vorwürfe an:

  • Die aber immer aneckt.
  • Andere klein macht.
  • Sich nicht unterordnen kann.
  • Kein Teamplayer ist.
  • Keine Autorität verträgt.
  • Sich selbst nur der nächste ist.

Hier dürfen wir wohl mal sortieren: 

Direkt auf andere einwirkend:

  • andere klein macht (= Verhalten)

Indirekt auf andere einwirken kann, aber nicht aktiv 

  • sich nicht unterordnen kann (= Persönlichkeit, Entwicklungsstufe)
  • kein Teamplayer ist (= Persönlichkeit, Entwicklungsstufe)
  • keine Autorität verträgt (= Persönlichkeit, Entwicklungsstufe)
  • sich selbst nur der nächste ist (= Persönlichkeit, Entwicklungsstufe)
  • aneckt (= Persönlichkeit, Entwicklungsstufe)

Der Begriff "toxisch" wird im Arbeitskontext oft als "Label" benutzt, um Menschen (Führungskräfte, Kollegen) zu beschreiben, die nicht in das eigene Wertesystem oder die Teamdynamik passen, die diese Person gerne hätte! 

Die im Artikel beschriebene Person als "toxischen Menschen" zu bezeichnen, ist aus meiner Sicht mindestens Rufschädigung. Wir sollten uns wirklich bewusst machen, wie wir andere Menschen bezeichnen und uns überlegen, ob wir bereit sind, genauso benannt zu werden. 

Und dann auch noch der festen Überzeugung zu sein, dass solche Menschen gekündigt werden sollten ... macht mich ehrlich gesagt sprachlos. Auch hier könnte man einmal darüber nachdenken, was man anderen Menschen wünscht oder sogar von Führungskräften erwartet für die eigenen Befindlichkeiten umzusetzen. 

Aber ich verstehe, welche Dynamiken hier eine Rolle spielen. Um Ihnen dies einmal etwas zu verdeutlichen und einen neuen Blick zu ermöglichen, nehme ich Sie jetzt mit in andere Perspektiven mit dem Modell von Spiral Dynamics.

Dynamiken verstehen mit Spiral Dynamics 

Spiral Dynamics kurz erklärt

Spiral Dynamics ist ein Modell, das beschreibt, wie Menschen, Gruppen und Gesellschaften sich entwickeln und welche Wertesysteme (sogenannte "Meme") ihr Denken und Handeln prägen. Es geht darum, zu verstehen, warum Menschen unterschiedliche Denkansätze, Bewusstseinsentwicklungen haben und wie sich diese im Laufe der Zeit verändern (können, aber nicht unbedingt müssen, wenn sie feststecken). 

Kernidee: Menschen denken und handeln auf verschiedenen "Entwicklungsstufen", die durch Farben symbolisiert werden. Dabei gibt es auch Übergangsphasen zwischen den Farben. Außerdem können die Farben je nach Kontext unterschiedlich ausgeprägt sein (Job, Privatleben, Vereinsleben etc.). 

Spiral Dynamics 1

Quelle: inhaltlich erstellt auf Grundlage von "Spiral Dynamics" von Beck/Cowan in Bezug auf Ken Wilder

Die Entwicklungsstufen in Spiral Dynamics

First Tier:

Beige = Überleben, Instinkt, Familienverbund (ich - zentriert)

Purpur = Clanbildung, Magie, Geister (du / wir - orientiert)

Rot = Macht, Durchsetzen, ego-zentriert (ich - zentriert) -> Kampf

Blau = Ordnung, Regeln, Recht & klare Hierarchien (du / wir - orientiert) -> braucht aber Autoritäten, Gurus, klare Führung

Orange = Wettbewerb, Erfolg, Effizienz, Status (ich - zentriert) -> Mittel: u.a. Manipulation, Leistungsdruck

Grün = Gemeinschaft, Harmonie, Konsens in der Gruppe (du / wir - orientiert) -> aber nur Toleranz gegenüber Gleichdenkenden / Gleichgesinnten - alle anderen werden ausgeschlossen und teilweise sogar geächtet (z.B. Umweltgruppen, die die anderen, die nicht ihrer Einstellung entsprechen, nicht anerkennen). 

Second Tier: 

Gelb = Integration, systemisches Denken, Akzeptanz, Sinn, diverse Perspektiven einnnehmen können -> erkennt die Dynamiken und Probleme im System und sucht nach individuell passenden Lösungen (ich) -> sind sehr häufig Einzelgänger 

Türkis = Holistisch, Allverbundenheit, das große Ganz steht im Vordergrund (du / wir) -> akzeptiert aber im Gegensatz zu grün alle, sowie sie sind -> schließt die Individualisten zusammen, um die erkannten Lösungen gemeinsam umzusetzen

Beispiel: Jemand, der in einem "blauen" Wertesystem denkt, legt viel Wert auf Regeln und Struktur, während jemand in einem "grünen" System eher Harmonie und Gemeinschaft sucht.

Anwendung: Es hilft, Konflikte zu verstehen, weil es zeigt, dass Menschen oft einfach in unterschiedlichen "Welten" denken, was gerade in Unternehmen massive Auswirkungen haben kann. 

Der einzelne Mensch, die Menschheit, Länder und natürlich auch Unternehmen - alle entwickeln sich in unterschiedlicher Geschwindigkeit und mit unterschiedlicher Verweildauer beginnend von beige. 

Spiral Dynamics

Was bedeutet First Tier und Second Tier?

First Tier: (beige bis grün) denkt in Strukturen, Regeln und Hierarchien. Hier geht es um Ordnung, Leistung und Harmonie. Menschen im First Tier glauben an klare Autoritäten, feste Regeln und das Funktionieren des Systems.

Second Tier: (gelb, türkis) denkt in Systemen, Zusammenhängen, Integration und Holone. Hier geht es darum, das große Ganze zu verstehen, flexibel zu sein und nach nachhaltigen Lösungen zu suchen. Menschen im Second Tier hinterfragen Autoritäten und Regeln, weil sie verstehen wollen, warum etwas so ist, wie es ist. Sie interessieren sich für die Dynamiken der Menschheit, ihre Komplexität, die damit auftretenden Probleme und finden dazu passende Lösungen. Sie erkennen, dass sich die Probleme der Menschheit / Welt nicht mehr mit den Methoden, Tools, Maßnahmen der Ersten Tier lösen lassen. Sie sind die Boten des Wandels.

Versuch den obigen Beitrag einzusortieren

Wir schauen Menschen nur vor den Kopf. Ein Beitrag ist bei weitem nicht ausreichend, um eine Person einzusortieren (das wäre erneut stigmatisierend). Trotzdem möchte ich einmal versuchen, Sie dazu zu ermuntern, andere Perspektiven einzunehmen. 

Der Beitrag selbst

Der Beitrag "Toxische Kollegen kündigen ist immer richtig, egal wie gut sie sind!"

Einseitige Sichtweise: Der Beitrag reduziert komplexe zwischenmenschliche Dynamiken auf ein einfaches "Entweder-oder". Er ignoriert, dass Konflikte und Spannungen oft systemische Ursachen haben können (z.B. Führungsstil, Teamdynamik, Unternehmenskultur). Wie wir oben bereits gesehen haben, ist nur ein Verhalten aktiv gegen andere gerichtet ("andere klein machen"). Alle andere Zuschreibungen zu diesem vermeintlich "toxischen Menschen" sind in seiner Persönlichkeit (hier hilft ein Blick in dessen Human Design - auch ein sehr interessantes Modell) und in seiner Entwicklung, seines Wertesystems (Spiral Dynamics) zu finden. Leider können wir das nicht anhand dieses Beitrages prüfen. Wäre sehr spannend. 

Fehlende Empathie (ein Aspekt der orangen Entwicklungsstufe): Die Aussage, dass solche Personen einfach gekündigt werden sollten, zeigt eine mangelnde Bereitschaft, sich mit den zugrunde liegenden Ursachen auseinanderzusetzen. Es wird nicht berücksichtigt, dass diese Personen möglicherweise selbst unter den Umständen leiden oder unverstanden sind. Wie ich oben schon sagte, ist das für mich persönlich, ebenfalls ein Verhalten, was sich gegen einen anderen Menschen richtet.

Teamdynamik: Es stimmt, dass manchmal die Entfernung einer Person das Team entlasten kann. Aber das ist keine langfristige Lösung, wenn die zugrunde liegenden Probleme nicht angegangen werden. Ein Team, das nur durch Ausschluss funktioniert, ist nicht wirklich gesund. Vor allem hat es nicht verstanden, wofür diese Person in das Team gekommen ist. Das Unternehmen (derjenige der kündigt) versucht, ein vermeintliches Übel zu entfernen. Das zeigt oft den Versuch, alte Strukturen zu erhalten, die durch diese Person ins Ungleichgewicht geraten sind. 

Ungleichgewicht, Chaos ist aber nötig, um Wachstumsprozesse einzuleiten. Dafür braucht ein Unternehmen solche Menschen, die stören, die anders sind.

Einordnungsversuch der Sichtweise des Autors mit Spiral Dynamics

Schauen wir uns mal zwei mögliche, aber sehr unterschiedliche Sichtweisen des Autors an (keine davon ist bewiesen). 

Szenario 1: Der Autor denkt aus einem blau/orangen Wertesystem

Wie denkt blau/orange?

Menschen, die in diesem Wertesystem verankert sind, legen großen Wert auf Regeln, Struktur, Leistung und Effizienz. Sie glauben an Hierarchien, klare Autoritäten und daran, dass jeder seinen Beitrag leisten muss, um das System am Laufen zu halten.

Blau: Betont Ordnung, Pflicht und Tradition ("Es gibt Regeln, und die müssen eingehalten werden!").

Orange: Fokussiert sich auf Erfolg, Wettbewerb und individuelle Leistung ("Wer nicht performt, fliegt raus!").

Wie sieht der Autor die "toxische" Person?

Für jemanden, der blau/orange denkt, ist die beschriebene Person ein Problem, weil sie:

  • Regeln bricht (keine Autorität akzeptiert, sich nicht unterordnen kann).
  • Die Effizienz stört (kein Teamplayer ist, andere klein macht).
  • Den Erfolg des Teams gefährdet (sich selbst nur der Nächste ist).

Was ist die vermeintliche Lösung?

Aus blau/oranger Sicht ist die Lösung klar: Die Person muss gehen. Sie passt nicht ins System, stört die Ordnung und gefährdet den Erfolg. Es geht darum, das Team mit seiner Effizienz und die Struktur zu schützen.

Szenario 2: Der Autor denkt aus einem grünen Wertesystem

Wie denkt grün?

Menschen, die in einem grünen Wertesystem verankert sind, legen großen Wert auf Gemeinschaft, Konsens, Harmonie und Empathie. Sie glauben an Zusammenarbeit, Inklusion und das Wohl der Gruppe, sofern sich jeder in der Gruppe ebenso verhält und denkt.

Grün: Betont Gleichberechtigung, Mitgefühl und Harmonie ("Wir sind alle gleich, und jeder soll sich wohlfühlen!").

Wie sieht der Autor die "toxische" Person?

Für jemanden, der grün denkt, ist die beschriebene Person ein Problem, weil sie:

  • Die Harmonie stört (aneckt, andere klein macht).
  • Die Gemeinschaft gefährdet (kein Teamplayer ist, sich nicht für die Gruppe einsetzt).
  • Egoistisch handelt (sich selbst nur der Nächste ist).

Was ist die Lösung?

Aus grüner Sicht könnte die Lösung darin bestehen, die Person zu integrieren oder zu verstehen. Vielleicht braucht sie mehr Empathie oder Unterstützung. Gleichzeitig könnte der Autor aber auch dazu neigen, die Person auszuschließen, wenn sie die Harmonie der Gruppe zu sehr stört. Hier geht es darum, die Gruppe zu schützen – aber aus einem anderen Motiv als bei blau/orange.

Was lernen wir daraus?

Unterschiedliche Denkweisen, unterschiedliche Lösungen:

Ob der Autor aus blau/orange oder grün denkt, macht einen großen Unterschied:

Blau/orange will die Ordnung und Effizienz schützen.

Grün will die Harmonie und Gemeinschaft bewahren.

Warum ist das wichtig?

Es zeigt, dass es nicht die eine Wahrheit gibt. Was für den einen wie eine klare Lösung aussieht (z. B. Kündigung), kann für den anderen wie ein Akt der Ungerechtigkeit wirken. Es lohnt sich, die eigene Denkweise zu hinterfragen und zu verstehen, warum andere vielleicht anders handeln würden.

Es gibt aber noch einen anderen wichtigen Aspekt.

Warum verstehen wir uns manchmal nicht? Warum bezeichnen wir machne Menschen als "toxisch"?

Stell dir vor, du sprichst eine Sprache, die niemand sonst versteht. Du versuchst, deine Ideen zu erklären, aber die anderen hören nur Kauderwelsch. Genau so geht es oft Menschen, die in unterschiedlichen "Wertesystemen" denken – oder wie wir in Spiral Dynamics sagen: in unterschiedlichen Memen.

Warum gibt es Verständigungsprobleme?

Zwischen den Farben der First Tier

Wie wir gesehen haben, gibt es acht verschiedene Farben und ihre jeweiligen Übergänge. Sehr vereinfacht gesagt, versteht jeder Mensch immer nur die Entwicklungsstufen, die er bereits "erklommen" hat. Alles was darüber kommt, kann er nicht verstehen. 

Beispiele: Die meisten Menschen (und auch Unternehmen) basieren auf blau (Regeln, Ordnung, Gesetze) und agieren orange (Wettbewerb, Status, Erfolg, Effizienz). Sie können grün vielleicht schon mit dem Kopf "denken", aber sie haben es nicht integriert - sprich, wirklich verstehen tun sie es nicht. Das ist momentan das größte Problem in unserer Wirtschaft (aber dazu mehr in einem anderen Post). 

Die jungen Generationen wurden direkt in die Entwicklungsstufe "grün" reingeboren. Aber da sie es nicht "erfahren" haben, fühlen sie sich darin orientierungslos. Außerdem verstehen sie die darunterliegenden Entwicklungsstufen nicht. Sie haben ganz andere Ansichten vom Thema "Arbeit" - hier stoßen wir auf die vermeintlich "faule" Generation Z und den Generationenkonflikt. 

Zwischen First Tier und Second Tier

Grob gesagt sieht die First Tier die Welt als ein geordnetes System, in dem jeder seinen Platz hat. Wenn jemand die Regeln bricht oder Autoritäten infrage stellt, wird das als Bedrohung empfunden.

Second Tier sieht die Welt als ein komplexes Netzwerk, in dem alles miteinander verbunden ist. Wenn jemand starre Regeln oder Hierarchien durchsetzen will, wird das als unnötige Einschränkung empfunden.

Das Problem ist: First Tier versteht nicht, warum Second Tier ständig alles infrage stellt. Aber Second Tier hat bereits ein anderes Bewusstsein entwickelt und kann sich den alten Strukturen nicht mehr anpassen oder unterordnen. Dies ist von der Evolution auch gar nicht gewollt. Diese Menschen führen die Evolution an. Das führt oft zu Missverständnissen und Konflikten.

Die "toxische" Person aus dem Beitrag anders betrachtet

Jetzt schauen wir uns die Person an, die im Beitrag als "toxisch" beschrieben wird. Es spricht aus meiner Sicht viel dafür, dass sie sich bereits im Second Tier / gelb befindet. Warum?

Wie sieht eine gelb denkende Person die Welt?

Systemdenker: Gelb denkende Menschen sehen die Welt als komplexes, vernetztes System. Sie denken in großen Zusammenhängen und suchen nach Lösungen, die die komplexen Probleme der Menschheit (das Ganze) verbessern. 

Flexibilität: Sie sind sehr flexibel und können sich leicht an neue Situationen anpassen. Starre Regeln oder Hierarchien sind für sie nicht nur hinderlich. Sie können sich nur schwer unterordnen. Das ist in Anbetracht der evolutionären Aufgabe auch nicht sinnvoll.

Integrativ: Sie verstehen, dass unterschiedliche Perspektiven und Wertesysteme nebeneinander existieren können. Sie streben danach, diese zu integrieren, anstatt eine einzige "richtige" Sichtweise durchzusetzen. 

Zukunftsorientiert: Sie denken langfristig und suchen nach nachhaltigen Lösungen, die für alle Beteiligten funktionieren. 

Schauen wir uns die Beschreibungen genauer an

Dies ist eine vereinfachte Darstellung zum besseren Verständnis:

"Die aber immer aneckt."

Eine Person auf der gelben Entwicklungsstufe erkennt die Komplexität, erkennt die Probleme und beginnt zu hinterfragen. Sie hinterfragt Strukturen, Regeln, Prozesse, Autoritäten, etc. Sie will verstehen, warum etwas so ist wie es ist. Sie will eigentlich das System verbessern. 

Warum es Probleme gibt: Für First Tier Denker (z. B. blau/orange) ist das eine Bedrohung der Ordnung. Sie sehen das Hinterfragen als Respektlosigkeit oder als Versuch, das System zu destabilisieren. Sie verstehen nicht, dass die gelbe Person das System nicht zerstören, sondern optimieren will. Eine Person in orange möchte auch optimieren, aber zum eigenen Nutzen und Vorteil. Die dadurch gewonnene Effizienz muss zum eigenen Erfolg beitragen. da geht es nicht um das große Ganze. Es ist viel kurzfristiger gedacht. 

"Andere klein macht."

Gelb denkende Menschen sind oft sehr direkt und ehrlich in ihrer Kommunikation. Sie sagen, was sie denken, ohne Rücksicht auf Hierarchien oder Gefühle. Für sie ist das kein Angriff, sondern eine Möglichkeit, Klarheit zu schaffen.

Warum es Probleme gibt: First Tier Denker empfinden das oft als Demütigung oder Angriff. Sie sind es gewohnt, dass man höflich bleibt, den Anstand bewahrt und sich an Regeln hält – auch wenn das bedeutet, dass man nicht ehrlich ist. Die Direktheit der gelben Person kann daher verletzend wirken. 

"Sich nicht unterordnen kann."

Eine gelb denkende Person kann sich nicht einfach unterordnen, weil sie das System als Ganzes sieht. Sie versteht, dass starre Hierarchien oft hinderlich sind und dass Flexibilität und Eigeninitiative wichtig sind, um Probleme zu lösen.

Warum es Probleme gibt: Für First Tier Denker ist das eine Bedrohung der Autorität und der Struktur. Sie erwarten, dass sich jeder an die Regeln hält und seinen Platz in der Hierarchie akzeptiert. Die gelbe Person wirkt daher rebellisch oder respektlos.

"Kein Teamplayer ist."

Gelb denkende Menschen sind oft Einzelgänger, weil sie Dinge anders angehen als andere. Sie arbeiten gerne autonom und suchen nach innovativen Lösungen, die nicht immer im Team entstehen. (Erst in Türkis entstehen neue Arten von Teams, die aber das Individuum anerkennen und die zusammen in fluiden Netzwerken die von gelb erkannten Probleme angehen und die gefundenen Lösungen gemeinsam umsetzen.)

Warum es Probleme gibt: First Tear Denker sehen Teamarbeit als essenziell an. Sie verstehen nicht, dass die gelbe Person nicht gegen das Team arbeitet, sondern einfach einen anderen Ansatz hat. Ihre Unabhängigkeit wird als mangelnde Teamfähigkeit interpretiert.

"Keine Autorität verträgt."

Gelb denkende Menschen hinterfragen Autoritäten, weil sie verstehen wollen, warum jemand in einer bestimmten Position ist. Sie akzeptieren Autorität nicht einfach aufgrund von Titel oder Hierarchie, sondern aufgrund von Kompetenz, Integrität und vor allem Authentizität. Für sie ist jeder Mensch zudem ein Individuum. 

Warum es Probleme gibt: Für First Tier Denker ist Autorität vor allem in blau heilig. Sie erwarten, dass man Respekt zeigt, ohne Fragen zu stellen. Die kritische Haltung der gelben Person wird daher als Respektlosigkeit oder Auflehnung wahrgenommen. Im orangen System wird die Führungskraft immer noch respektvoll behandelt, obwohl man schon mehr Freiheiten hat (oder sich nimmt). Da der überwiegende Teil der Firmen auf einem blau/orangen Konstrukt aufgebaut ist, passt gelb einfach nicht. In grün zählt die komplette Gruppe und jeder ist gleichberechtigt. 

6. "Sich selbst nur der nächste ist."

Gelb denkende Menschen sind oft sehr eigenständig und konzentrieren sich auf ihre eigenen Ziele und Visionen. Sie handeln nicht aus Egoismus, sondern weil sie das Gefühl haben, dass sie selbst am besten wissen, wie sie ihre Energie einsetzen können.

Warum es Probleme gibt: First Tier Denker sehen das als egoistisch an. Sie erwarten, dass man sich für das Team oder die Organisation opfert. Wenn man von egoistisch spricht, sind es eigentlich die orange denkenden Menschen. Denn sie sind auf ihren persönlichen Vorteil aus - Erfolg, Status, Benefits, Vergütungen etc. Gelb Denkende nutzen orange Denkenden nichts, weil sie deren "Spiel" nicht mehr fördern. Grün Denkende sind "wir-orientiert". Sie mögen es nicht, wenn jemand selbstbezogen ist. Es geht schließlich um das Gemeinwohl der Gruppe, in der alle gleich sind. 

Die gelbe Person wirkt nur selbstbezogen, da sie einfach nur ihre eigenen Wege geht, weiß wer sie ist und sich nicht mehr verbiegen lässt. Sie strebt auch nicht mehr nach Erfolg, Status und Co., was wiederum für viele befremdlich ist. Sie zeigt anderen, was es bedeutet ein authentisches Individuum zu sein. 

Warum Kündigung keinen Sinn macht

Immer mehr Menschen entwickeln sich auf der Spiral Dynamics Spirale weiter. Unser Bewusstsein dehnt sich aus. Damit kommen immer mehr Menschen (siehe obige Verteilung) von orange in grün und von grün in gelb. Es braucht diese (gelben) Individualisten (vielleicht ahnen Sie es schon - zu denen auch ich gehöre, ohne es jemals gewollt zu haben - es hat sich einfach so entwickelt). 

Sie sind diejenigen, die die Probleme der Menschheit aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten können. Sie sind diejenigen, die die Lösungen finden. Sie sind diejenigen die das Big Picture sehen. Sie zeigen den Weg. 

Wenn Sie genau diese Menschen kündigen, verpassen Sie die Chance Ihr Unternehmen auf einen zukunftsfähigen Weg zu bringen. Denn eines ist gewiss. Die Menschheit entwickelt sich weiter. Wer als Unternehmer:in nicht immer mindestens einen halben Schritt voraus ist, wird untergehen. 

Ja, Teams könnten vorübergehend ins Chaos geraten. Das ist der Weg durch den man muss, wenn man sich weiterentwickeln will. Mein Burnout und diverse Rückfälle habe mir genau dieses Chaos in meinem Leben beschert. Nur dadurch hat mein Wachstum überhaupt stattfinden können. 

Ach, und noch ein kleiner Hinweis: Wenn es in Ihrem Unternehmen gerade entwicklungstechnisch Zeit für einen Umbruch ist, wird eine neue vermeintlich "toxische" Person kommen, um den Finger in die Wunde zu legen. Wieviele Menschen wollen Sie kündigen? 

Praktische Tipps 

Auch wenn wir Menschen uns evolutions- und entwicklungsbedingt in unterschiedlichen Wertesystemen befinden, können wir mit diesem Wissen, dies zumindest anerkennen. Das würde schon viel dazu beitragen, Konflikte und Stigmatisierungen, wie "toxisch", zu vermeiden. 

Wie wäre es, wenn wir anstatt "immer solche Menschen zu kündigen", Folgendes in Erwägung ziehen:

  • Perspektivwechsel: Versuchen Sie zu verstehen, warum die andere Person so handelt.
  • Kommunikation: Sprichen Sie offen über die Konflikte und versuchen Sie, gemeinsame Lösungen zu finden. Sprechen Sie Ihre Wahrnehmung an. 
  • Systemische Betrachtung: Analysieren Sie, ob die Probleme vielleicht systemische Ursachen haben (z. B. Führungsstil, Teamdynamik).
  • Ursachenanalyse: Alles hat einen Grund. Finden Sie die Ursache und handeln Sie entsprechend der Ursache. Die meisten Maßnahmen laufen an der eigentlichen Ursache vorbei. Dann heißt es, der hat sich nicht verändert und muss gekündigt werden. 
  • Verständnis und Akzeptanz: Jeder Mensch ist ein Unikum. Jeder Mensch ist anders. Jeder Mensch hat seine eigene Bestimmung und sein eigenes authentisches Selbst (was bis orange unterdrückt wird und dann erst mit Selbstoptimierung beginnt, um sich langsam zu entwickeln). 
  • Offenheit: Der Wandel der Menschheit hat schon längst begonnen. Es kommen immer mehr gelb denkende Menschen ins Feld (in die Unternehmen). Nutzen Sie deren Fähigkeiten. Sie sind der Schlüssel in die Zukunft.
  • Betrachtung der Menschen durch Human Design: Man muss kein Reading haben. Aber ein Grundverständnis hilft, auch die energetische und mechanische "Funktionsweise" eines Menschen zu verstehen. 

Fazit 

Indem wir diese "toxische" Person als gelb denkend betrachten, wird klar, dass es sich nicht um einen böswilligen oder schädlichen Menschen handelt, sondern um jemanden, der einfach anders denkt und handelt. Die Konflikte entstehen, weil die Denkweisen und Wertesysteme von First und Second Tier schwer vereinbar sind.

Bevor wir jemanden als 'toxisch' abstempeln, sollten wir uns fragen: Könnte es sein, dass diese Person einfach in einer anderen 'Welt' denkt? Vielleicht ist der Konflikt nicht das Problem – sondern die Chance, etwas Neues zu lernen und gemeinsam zu wachsen.


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