Burnout Syndrom - Begriffsklärung und offizielle Einordnung

Katja Wildfeuer
von Katja Wildfeuer

Burnout, ein Begriff, der immer noch viele Fragen aufwirft und kontrovers diskutiert wird. Selbst die "Fachwelt" scheint sich nicht einig zu sein, bzw. einen hohen Beratungsbedarf zu haben. Bis heute ist das Burnout Syndrom keine anerkannte Krankheit. Stattdessen werden andere Krankheitsdiagnosen herangezogen, um mit den Krankenkassen abrechnen zu können. 

In diesem Artikel habe ich mir einmal angesehen, wie der Begriff "Burnout" überhaupt entstanden ist.

Dann habe ich recherchiert, was das Robert Koch Institut zu dem Thema zu sagen hat. Interessant ist, dass ich auf der Seite des RKI nur Informationen zum Burnout aus dem Jahre 2012 finden konnte. Danach scheint nichts mehr darüber geschrieben worden zu sein. 

Des Weiteren habe ich mir angeschaut, was die WHO (Weltgesundheitsorganisation) für eine Definition ins Leben gerufen hat und wie Deutschland damit umgeht. 

Burnout Syndrom im Unternehmen

Burnout Syndrom - nur ein Phänomen in unserem Arbeitsleben?


Ursprung des Begriffs "Burn-out"

"Der Begriff Burnout in Verbindung mit „ausgebrannt sein“ wurde zum ersten Mal von Herbert J. Freudenberger im Jahr 1974 aufgeführt. Freudenberger kam 1927 in Deutschland zur Welt, musste als Jude jedoch mit zwölf Jahren nach Amerika fliehen. In New York wohnte er bei einer Tante, doch verbrachte er die meiste Zeit auf der Straße. Er arbeitete sich sprichwörtlich von unten nach oben, bis er 1956 schließlich als deutsch-amerikanischer Psychoanalytiker in New York seine eigene Praxis eröffnete. 
Er hatte einen sehr langen Arbeitstag: von 8 bis 18 Uhr war Freudenberger für seine Patientinnen und Patienten da. Doch damit nicht genug; anschließend half er ehrenamtlich — bis spät in die Nacht — vielen ehemals drogenabhängigen Jugendlichen. Er arbeitete also sehr viel und sehr intensiv. Seine Frau und seine drei Kinder bekamen ihn nur selten zu Gesicht. (vgl. Hillert/Marwitz 2006, S. 41). In dieser Situation fühlte sich Herbert Freudenberger zunehmend erschöpft, ausgelaugt, abgeschlagen, müde, resigniert, dabei gleichzeitig häufig unausgeglichen und gereizt. Er geriet in einen Zustand totaler psychischer und physischer Erschöpfung. (ebd.) 
Freudenberger sprach mit seinen Arbeitskollegen über seinen Zustand, wobei er zum ersten Mal das Wort Burnout gebrauchte. Bald darauf schrieb er seine erste Publikation zum Thema, mit dem Titel ‚Staff Burn-Out‘. Als Freudenberger den Begriff einführte, nahm er Bezug auf die Erläuterung eines Lexikons, welches „das Verb ‚(to) burn-out‘ als eine Erscheinung [definiert], die nach dem Gefühl des Versagens, der Überforderung oder als Gefühl des Ausgepumptseins auftritt, nachdem übergroße Anforderungen an die eigene Energie und die persönlichen Kraftreserven gestellt worden sind.“ (Freudenberger 1980, S. 88; zitiert nach Wagner 1993, S. 6)"

(Quelle: https://www.researchgate.net/publication/310538892_Die_Begriffsgeschichte_von_Burnout)

Ursprünglich bezog sich der Begriff Burnout vor allem auf Sozialberufe. Im Laufe der Zeit weitete sich die Nutzung aber aus. 

Offizielle Einordnung des Burnout Syndroms

Um das Burnout Syndrom einordnen zu können, habe ich einmal an öffentlichen Stellen geschaut, was ich dazu finden kann.

Auszüge aus dem Bundesgesundheitsblatt des Robert Koch Instituts aus dem Jahre 2012 · 55:161–163 DOI 10.1007/s00103-011-1415-x - Online publiziert: 30. Januar 2012 - © Springer-Verlag 2012 - Autoren: U. Koch (Institut für Medizinische Psychologie, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg) · K. Broich (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Bonn)

"Burn-out ist ein relativ neuer Fachbegriff der klinischen und der Organisationspsychologie, dessen inzwischen so häufige Verwendung im Kontext einer stark gestiegenen Bereitschaft der Bevölkerung zu sehen ist, gesundheitliche und soziale Probleme (zum Beispiel Erkrankungen oder Brüche in der beruflichen Entwicklung) durch psychische Faktoren zu erklären."

Es ist nun schon einige Jahre her, aber es ist immer noch auf der Seite des RKI zu finden, so dass ich davon ausgehe, dass sich die Meinung nicht geändert haben kann. Vor allem konnte ich keine neuere Publikation dazu finden.

Was heißt, die Bevölkerung hat eine stark gestiegene Bereitschaft, ihre gesundheitlichen und sozialen Probleme durch psychische Faktoren zu erklären? Sucht die Bevölkerung Ausreden? Macht sie es sich einfach, indem sie die Psyche als Ursache erklärt? Für mich klingt es so, als würde das RKI psychische Gründe in Bezug auf Erkrankungen als zusammenhanglos von der Hand weisen. Ein Burnout scheint aus deren Sicht als Entschuldigung für Brüche in der beruflichen Entwicklung herzuhalten. Aber es möge sich jeder selbst seine Gedanken zu dieser Äußerung machen. In weiteren Blog Artikeln werde ich das Burnout Syndrom näher beschreiben.

Weiter heißt es:

"Eine allgemein akzeptierte Definition gibt es bisher ebenso wenig wie einen Konsens über die Ursachen."
"Auch ist nicht zu erwarten, dass sich Burn-out in absehbarer Zeit als eine von der wissenschaftlichen Community akzeptierte Diagnose in den beiden international eingeführten Diagnose-Verzeichnissen (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders und International Classification of Diseases) etablieren kann."

Interessant ist, dass die Definition des Begriffs "Burnout" sieben Jahre später in der 72. World Health Assembly im Mai 2019 im ICD 11 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems, herausgegeben von der WHO World Health Organization), der Grundlage für unsere kassenärztlichen Abrechnungen, neu definiert wurde. Der ICD 11 trat am 1. Januar 2022 in Kraft, wird aber laut dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in Deutschland noch nicht angewendet (es wird noch (immer) ausführlich beraten!). 

In der vorläufigen Entwurfsübersetzung des ICD 11 wird "Burnout" wie folgt beschrieben:

"QD85 
Beschreibung: Burnout ist ein Syndrom, das als Folge von chronischem Stress am Arbeitsplatz konzeptualisiert wird, der nicht erfolgreich bewältigt wurde. Es ist durch drei Dimensionen gekennzeichnet: 1) Gefühle der Energieerschöpfung oder Erschöpfung 2) Erhöhte mentale Distanz zur Arbeit oder Gefühle von Negativismus oder Zynismus in Bezug auf die Arbeit 3) Ein Gefühl der Ineffektivität und des Mangels an Leistung. Burnout bezieht sich speziell auf Phänomene im beruflichen Kontext und sollte nicht zur Beschreibung von Erfahrungen in anderen Lebensbereichen verwendet werden."

(Quelle: https://www.bfarm.de/DE/Kodiersysteme/Klassifikationen/ICD/ICD-11/_node.html) (Anm.: Markierungen wurden von der Autorin des Blogartikels vorgenommen)

Der QD85 befindet sich unter Nr. 24 Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen oder zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen > Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen > Problematik in Verbindung mit Berufstätigkeit oder Arbeitslosigkeit

Im ICD 10 (der in Deutschland noch Geltung hat) findet sich Burnout unter Z - Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen: Personen, die das Gesundheitswesen aus sonstigen Gründen in Anspruch nehmen (Z70-Z76)

Einige Quellen behaupten, das es sich nun um eine anerkannte Krankheit im ICD 11 handeln würde. Für mich ist allein aus den Texten kein Hinweis darauf zu finden. Den einzigen Unterschied, den ich erkennen kann, ist, dass die Definition neu gefasst wurde. 

Gültige Fassung im ICD 10:

Z73 - Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung
Inkl.:
Akzentuierung von Persönlichkeitszügen
Ausgebranntsein [Burn-out]
Einschränkung von Aktivitäten durch Behinderung
Körperliche oder psychische Belastung o.n.A.
Mangel an Entspannung oder Freizeit
Sozialer Rollenkonflikt, anderenorts nicht klassifiziert
Stress, anderenorts nicht klassifiziert
Unzulängliche soziale Fähigkeiten, anderenorts nicht klassifiziert
Zustand der totalen Erschöpfung

(Quelle: https://www.dimdi.de/static/de/klassifikationen/icd/icd-10-gm/kode-suche/htmlgm2017/block-z70-z76.htm - DIMDI - wurde mittlerweile mit dem BfArM zusammengeführt)

Fazit

Offensichtlich herrscht immer noch viel Unklarheit und vor allem Uneinigkeit in Bezug auf das Thema "Burnout". Vermutlich ist das kein Wunder, wenn man bedenkt, dass psychische Erkrankungen immer noch ein Tabuthema sind. Wie in vielen anderen Bereichen auch versuchen Theoretiker etwas zu beschreiben, was sie selbst nie erlebt haben. 

Selbst die meisten Betroffenen setzen sich nicht mit den Ursachen auseinander. Sie sind froh, wenn sie sich wieder normal ihrem Alltag widmen können und möchten dieses Thema so schnell wie möglich hinter sich lassen. 

In den Unternehmen wird ein Mensch mit einer psychischen Erkrankung hilflos an Therapeuten verwiesen. Es herrscht bislang die Devise: "Das hat nichts mit uns (als Führungskraft, als Unternehmen) zu tun. Komme wieder, wenn du wieder belastbar bist (sprich wieder funktionierst)." 

Einige Unternehmen (mit und ohne Unterstützung der Krankenkassen und Berufsgenossenschaften) versuchen mit traditionellen Gesundheitsförderungsprogrammen etwas gegen den Stress der Mitarbeiter zu tun. Die diversen Ansätze werden standardisiert über die Unternehmensbelegschaften ausgeschüttet. Trotz dieser vielen verschiedenen Ansätze, haben sich die Diagnosen von Burnout und anderen Krankheiten (die zum großen Teil auch psychische Ursachen haben) rasant vervielfältigt. In meinem Artikel: "Burnout: Warum traditionelle Ansätze versagen" gehe ich auf die tradtionellen bisherigen Ansätze ein, schaue mir die Stärken, aber auch die Grenzen an und zeige auf, welche ersten Anpassungsmöglichkeiten sinnvoll wären, um eine sinnvolle und ganzheitliche Gesundheitsprävention zu starten. 

Es ist dringend an der Zeit, dass sich Geschäftsführer, Unternehmer und Führungskräfte bewusst werden, dass die bisherigen Dynamiken in den Unternehmen nicht zielführend sind. Der Wandel hat, auch mit dem Einstieg der neuen Generationen (Generationen im Wandel - neue Erwartungen an die Arbeitswelt) begonnen. Nur wer hier jetzt neue Wege denkt und vor allem geht, wird in der Zukunft wettbewerbsfähig sein. 


Sie möchten jetzt etwas ändern?

Sie möchten Ihr Unternehmen gesünder & attraktiver für (neue) Mitarbeiter machen?

Dann beginnen Sie mit dem ersten Schritt:
Machen Sie den Gesundheits-Check-Up für Ihr Unternehmen

Mehr Informationen zum Check-Up
Glaubenssätze Buch Hörprobe - direkt kostenlos anhören

Glaubenssätze Buch Hörprobe - direkt kostenlos anhören

43 Shares
Großen Player anzeigen (gesprochen von Laura Mähler - sprecherin-laura@tuta.io) Erhalten Sie im Glaubenssatz Buch Informationen zur Herkunft, zu den Wirkweisen und ...
Weiterlesen
Glaubenssätze - Welche Glaubenssätze gibt es?

Glaubenssätze - Welche Glaubenssätze gibt es?

25 Shares
Die Mindset Veränderung ist derzeit in aller Munde. Häufig geht es ums schnelle "Reich werden", "erfolgreich Kunden anzuziehen", "tolle Partnerschaften zu ...
Weiterlesen
Burnout Syndrom - Begriffsklärung und offizielle Einordnung

Burnout Syndrom - Begriffsklärung und offizielle Einordnung

1 Shares
Burnout, ein Begriff, der immer noch viele Fragen aufwirft und kontrovers diskutiert wird. Selbst die "Fachwelt" scheint sich nicht einig ...
Weiterlesen
..